28. August 2011

Was mich bewegt...



Man muss den Dingen 
die eigene, stille, 
ungestörte Entwicklung lassen, 
die tief von innen kommt, 
und durch nichts gedrängt 
oder beschleunigt werden kann; 
alles ist austragen - 
und dann gebären…

Reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt 
und getrost in den Stürmen 
des Frühlings steht, 
ohne Angst, 
dass dahinter kein Sommer kommen könnte. 
Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den Geduldigen, 
die da sind, 
als ob die Ewigkeit vor ihnen läge, 
so sorglos, still und weit … 

Man muss Geduld haben, 
gegen das Ungelöste im Herzen, 
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben, 
wie verschlossene Stuben, 
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache 
geschrieben sind.

Es handelt sich darum, alles zu leben.

Wenn man die Fragen lebt, 
lebt man vielleicht allmählich, 
ohne es zu merken, 
eines fremden Tages 
in die Antwort hinein.



(von Rainer Maria Rilke aus „Briefe an einen jungen Dichter")




Einen feinen Sonntag!


Hella K.






2 Kommentare:

  1. Wie schön!
    Das ist einer meiner liebsten Rilketexte! :)

    Wundervolle Sonntagsgrüße
    Martina

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  2. das ist ebenso bewegend, wie tief bezaubernd ... danke für diesen wundervollen Augenblick

    ganz innige Grüße

    isabella

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